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Deutsche Fassung

 

7  Erotic Songs

on Female Texts for medium female voice and piano

auf Texte von Frauen für mittlere Frauenstimme und Klavier

 

© Noise Production Wien 1989/10

Obwohl wir fast jeden Tag, oft auf banalste Art und Weise mit den verschiedensten Formen der Erotik konfrontiert werden, widmen wir zeitgenössische Komponisten der Erotik nur selten adäquate Klänge. Immer auf der Suche nach ungewöhnlichen Inhalten, verbunden mit Aufführungsorten abseits der traditionellen Konzertsäle machte ich mich an die Arbeit, diese in der zeitgenössischen Musik vernachlässigte Sparte genauer unter die Lupe zu nehmen.  Dabei entschied ich mich für Frauentexte, weil sie in Kombination mit einer Vertonung durch einen Mann die Dualität und somit die Urform der Sexualität veranschaulichen. In diesem besonderen Fall wurden Lieder geboren.

Die Texte hätten topographisch nicht unterschiedlicher ausgewählt werden können, denn sie begleiten uns von Afrika über Europa nach Süd Amerika auf eine Reise um die halbe Welt. Unsere Dichterinnen kommen dabei ohne protzige, banale Muskelspiele aus und präsentieren uns Poesie gespickt mit raffinierten Umspielungen und Metaphern. Neben anonymen Texten aus Afrika und Spanien kommen auch zwei lebende Autorinnen zu Wort: Gioconda Belli, die rassige, nicaraguanische Schriftstellerin und Lyrikerin, die gegen die Diktatur der Somosa-Familie kämpfte und Irene Kabanyi aus Wien, die sowohl als Lyrikerin wie auch als  Psychotherapeutin tätig ist.

Musikalisch und formal wurden diese Lieder bewusst spartanisch gestaltet, indem größtenteils eine schlichte Zweistimmigkeit vorherrscht. Wieder wird die Dualität, also das Zusammenspiel von Zweien herausgearbeitet.

Die sexuelle Verbindung zweier Menschen in ihrer Vollendung, sei es in einer lebenslangen, innigen Beziehung oder in einem kurzfristigen, körperlichen Ausleben ist mit Worten alleine nicht zu beschreiben. Das Paar wird eins, verschmilzt, verwildert ineinander und liebt auf rein emotionaler Ebene. Im letzten Lied „Ohne Worte“, das den Abschluss des Liederzyklus und gleichzeitig den Höhepunkt der Zweisamkeit bildet, verschmelzen Pianist und Sängerin miteinander zu einem einheitlichen Instrument indem die melismierende Melodie vom Urinstrumentarium der Menschheit - Händeklatschen und Fußstampfen – begleitet wird und der reine menschliche Körper nun als Instrument im Dienste des Eros steht.

Dirk D’Ase

Die 7 Erotischen Lieder wurden am 7. Mai 1993 zur Eröffnung des Opernfestivals der Kulturhauptstadt Europas, Antwerpen’93 von Brigitte Pinter (Gesang) und Arlene Shrut (Klavier) uraufgeführt.

 

Dark blue was the sky   ( Anonymous, maidensong from Africa )

 

Dark blue was the sky,

like indigo-colored cotton.

Like fresh milk the mist dripped down.

The hyena laught.-

The lion, king of the jungle, answers.

This is the hour, that hour so sweet,

when with a light-skinned friend I whisper.

 

 

My Master, Ibrahim   ( Anonymous Spain )

 

My master, Ibrahim,

oh, you sweet man,

come to me at night.

If not, if you don't want to,

I'll come to you.

Tell me, where I can find you.

 

 

I want to love you    ( Anonymous Spain )

 

I want to love you,

and love you, and love you;

but only if you bend

my ankles back to my earings.

 

 

I am yours   (G. Belli )

 

I am your bed, your ground,

am your gourd.

Into this gourd you flow,

and nothing of yours will be lost,

for I love your semen and save it.

 

 

The weight of summer   ( I. Kabanyi )

 

In your hand you ground the grain,

and put it in my mouth.

Be careful of fertility,

is what I meant to say,

but we lay already under the cherries.

 

 

If his phallus were a tobacco pouch   ( Anonymous Africa, Abbey / Ivorycoast)

 

If his phallus were a tobacco pouch,

I would let it vanish.

If his phallus were a tobacco pouch,

and the man wanted to take it away,

and go around to another one:

on that day, it simply wouldn't be there.

You search it, and search it,

together you search it.

You search it, and search it

till the man goes away.

 

And you, you stay here, so quiet,

and you use it, and you use it.

Until it's again your turn

and the man comes.

"Look there!

There is the tobacco pouch

we have searched for so long.

So, it was you who hid it."

 

 

Without words

 

(Duration: 10 minutes)

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Deutsche Fassung:

 

 

Dunkelblau ward der Himmel   (Anonym, Mädchenlied aus Afrika)

 

Dunkelblau ward der Himmel,

wie indigogefärbte Baumwolle.

Wie frische Milch tropfte der Nebel nieder.

Die Hyäne hat gebrüllt,-

der Löwe, Herr des Buschwalds, gibt Antwort.

Dies ist die Stunde, in der es süß ist,

mit einem hellhäutigen Freund zu flüstern.

 

 

Mein Herr Ibrahim   (Anonym Spanien)

 

Mein Herr Ibrahim, o du lieblicher Mann,

komm zu mir des Nachts. Wenn nicht, wenn du nicht willst,

komm ich zu dir. Sag mir, wo ich dich finde.

 

 

Ich werde dich lieben   (Anonym Spanien)

 

Ich werde dich lieben und lieben und lieben,

doch nur, wenn du meine Fesseln zurückbiegst

bis zu den Ohrringen.

 

 

Ich bin   (Gioconda Belli)

 

Ich bin dein Bett,

dein Boden,

bin deine Kürbisflasche,

dahinein ergießt du dich und verlierst nichts von dir,

denn ich liebe deinen Samen

und bewahre ihn.

 

 

Das Gewicht des Sommers   (Irene Kabanyi)

 

Korn hast du in der Hand zerrieben

und mir in den Mund gesteckt.

Achte auf die Fruchtbarkeit

wollte ich noch sagen.

Doch da lagen wir schon

unter den Kirschen.

 

 

Wenn sein Phallus ein Tabaksbeutel wär    (Anonym Afrika, Mädchenlied aus

                                                                              Abbey an der Elfenbeinküste)

 

Wenn sein Phallus ein Tabaksbeutel wär,

ließ ich ihn verschwinden.

Wenn sein Phallus ein Tabaksbeutel wär

und der Mann ihn nehmen will,

um damit zu einer anderen zu gehen,

an diesem Tag wär er einfach nicht mehr da.

 

Du suchst ihn und suchst ihn,

zusammen sucht ihr ihn,

ihr sucht ihn und sucht ihn,

bis der Mann endlich geht.

 

Und du, du bleibst da, ganz ruhig,

und benützt ihn, und benützt ihn,

bis du wieder dran bist und der Mann kommt:

"Sieh doch! da ist er ja, der Tabaksbeutel,

den wir so gesucht haben.

Du bist es also, die ihn versteckt."

 

 

Ohne Worte

 

(Dauer: 10 Minuten)