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Sauf-, Liebes- und Sterbelieder

für Bariton und Klavier

nach Texten von Carl Michael Bellman

vom Komponisten gekürzt und angepasst.

© Noise Production Wien 1996/29 

Ein Auftragswerk des Flandern Festivals

Carl Michael Bellman (Stockholm 1741-1795) war einer der begabtesten Poeten des Rokoko. Die für den Liederzyklus ausgewählten Verse entstanden größtenteils um das Jahr 1770 in der Form gesungener Lieder. Unabhängig von allen Schulen und Mustern, vergleichbar nur der Dichtung mittelalterlicher Sänger, sind Bellmans Verse von einem einzigartigen Formreichtum.

Der vorliegende Liederzyklus von Dirk D'Ase ist inhaltsmäßig am besten zu verstehen, wenn man folgende Schilderung von C.C.Gjörwell aus dem Jahre 1808 liest:"...allmälig ward er in leichtsinnige Gesellschaften gezogen, die er durch seine eigenthümliche Gabe, im Augenblick Verse dichten und singen zu können, so belustigte, daß er binnen Kurzem der gefeierte Liebling des Volks war, dessen zarte und üppige Gesänge zum Lob des Weines und der Liebe allgemein begeisterten, und unter denen "Bacchi Tempel" die Krone gebührt. Aber durch den häufigen Dienst in diesem Tempel wurde sein Körper vor der Zeit geschwächt und seine Gesundheit untergraben. Er starb am 11.Februar an Lungenschwindsucht (...). Seine letzte Krankheit dauerte zehn Wochen, aber er blieb bis zu seinem Ende bei klarstem Bewußtsein, bereute seine Lebensweise, hielt seiner Frau und seinen Kindern die erbaulichsten Reden und starb mit großer Ruhe und Ergebung."

 

Der Liederzyklus beschreibt den Lebenswandel des Dichters aus eigener Sicht. Somit schlüpft auch der Sänger in die Rolle des Dichters. Unbekümmert und voller Freude am Saufen, Lieben und Leben stellt er sich im ersten und dritten Lied dar. Dazwischen beklagt er im zweiten Lied den Tod seines Freundes, des Branntweinbrenners Lundholm, was ihn sehr berührt haben muß.

Ab dem vierten Lied spürt er, daß der Tod auch ihm selbst immer näher kommt. Er kann im darauffolgenden Lied den unaufhaltsamen Tod noch ein letztes Mal verdrängen um schließlich mit den Worten: "...alles licht zerrinnt;   Mein Schmerz beginnt,..." in Frieden zu sterben.

Die vorliegenden Texte wurden ursprünglich in schwedischer Sprache niedergeschrieben und 1986 von H.C.Artmann und M.Korth ins Deutsche übersetzt. Der Komponist paßte die Strophen für den Liederzyklus an. Die Sauf-, Liebes- und Sterbelieder wurden 1997 von Georg Nigl (Bariton) und David Lutz Klavier) in Wien uraufgeführt.

* Der Brief von C.C.Gjörwell wurde auszugsweise aus dem Buch

 Sauf-, Liebes- und Sterbelieder (Hrsg. M.Korth) entnommen.

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Eine Epistel insonderheit für Anna Stina

Hej musikanten,das waldhorn soll wettern,

Spuckt doch den priem aus dem mund.

Hier, zwischen kisten und fässern und brettern

Gehts mit der liebe erst rund.

Blaset, ihr hunde, dann kriegt ihr auch wein,

Engel und herzen und branntwein und kümmel;

Welch waldhorngetümmel;

Spiel sauber, du lümmel,

Heraus mit dem waldhorn zum fenster, du schwein.

Drin in der stube, was soll das gestöhne,

Teufel, da liegt sie, aha;

Drall auf dem bette, im hemde die schöne;

Hej, Anna Stina, schon da?

Blast, ihr canaillen, der tugend zur pein,

Bacchus und Freia, die wollen wir loben,

In lüsten zu toben,

Die gurgel erproben,

Wir sterben in liebe und leben in wein.

 

Ein Lied auf den Branntweinbrenner Lundholm

Oh, lauscht der glocke lied so grau.

Schlaf, alter Lundholm, Gott vertrau,

Cupido singt durch laub und tau.

Sollt je dir ein mädel

Noch küssen den schädel,

Sie würde blau.

Getrunken ist dein letztes glas,

Man mißt dir jetzt mit andrem maß,

Dein branntwein gärt in erd und gras.

Adieu, klingt es triste,

Man senkt deine kiste,

Trompeter, blas!

 

Ein abendliches Lied Fredmans, darin er wünscht, König zu sein

Portugal, Spanien,

Großes Britanien,

Hätt ich doch nur eure kronen und macht-

Welche noblesse!

Und ne princesse

In meinen armen, das wär eine pracht;

Ich und die kleine

Säßen beim weine,

All meinen gläubigern böt ich gut nacht.

Skal, ihr kumpane,

Schwedische fahne,

Skal, Heiliger Vater zu Rom beim bankett!

Aus ist die messe,

Futsch die princesse,

Fort ist die krone, mein glücksamulett.

Aus ist der psalter,

Macht nichts mein alter,

Und auf kredit kauf ich mir ein kotlett.

 

Eine Epistel oder Abschied an die alten Damen, insonderheit an Mutter Maja im Sonnengäßlein beim Großen Markt anno 1785  (I)

Hört, Charons lure wimmert,

Stürme heulend toben,

Fahl unser segel schimmert,

Schon neigt sich der mast;

Seht wie der vollmond flimmert,

Trauerstern-umwoben,

Bald wird mein sarg gezimmert,

Man legt mich zur rast;

Hastig verrinnt mir das leben,

Charon muß ich mich ergeben.

Wellen im spiele

Plätschern am kiele,

Wo bleibt mein retter?

Träg treiben bretter:

Kohlschwarze leichengondeln schaukeln auf der flut,

Durch dampf und glut,

Und geisterglast.

 

Eine Epistel für Vater Berg, da er die Viole strich

Komm stimm deine geige,

Hej! Spielmann laß den wein.

Deine kunst nun zeige,

Die saite hell erkling;

Freund, den bogen schwing,

Auf den tisch jetzt spring,

Laß tönen deine weise.

Du schwitzt, bruder, ach,

In branntwein sollst du baden;

Denn unter diesem dach

Ist Bacchi laden.

Trinken, saufen,

Mit mädchen raufen,

Rät der heilge Fredman dir.

 

Eine Epistel oder Abschied an die alten Damen (II)

Jetzt beugt es mich vornüber,

Nacken und schultern schwanken,

Mein muntrer blick wird trüber,

Götter, steht mir bei.

Augen voll feuchtem fieber

Rauben meine gedanken,

Säng heitre lieder lieber

Alles einerlei!

Hose ist alt und zerschlissen,

Sag, war ich je so zerrissen?

Der große wagen

Will schier verzagen,

Sterne verglimmen,

Strände verschwimmen,

Bis dann in schwarzen schatten alles licht zerrinnt;

Mein schmerz beginnt.

Gut nacht, Madam!

 

Gesamtdauer: ca. 20 Minuten